Kurz vor Weihnachten, immer am selben Tag und zur selben Zeit, sammeln sich die Kinder vom Dorf am Eingang des Waldes beim grossen, mit Moos überwachsenen Stein. Kichernd und tuschelnd stehen sie dicht gedrängt in einem Kreis nebeneinander. Da ich nur wenige Meter entfernt davorstehe, schleiche ich mich geduckt an. «Der uralten Sage nach ist heute der Tag der Silverlinge. Jedes Jahr um exakt dieselbe Zeit findet man diese zauberhaften Falterwesen am Bachlauf des Waldrandes im Moos der Steine. Sie sind ganz klein und fein und verstecken sich gerne unter dem Schnee, im Laub oder unter Regenperlen. Ihre Körper bestehen lediglich aus zarten, geschwungenen Silberlinien, und wenn sie fliegen, erkennt man nur einen silbernen Strich. Schafft man es, dass sie dich ansehen, glitzern ihre Augen wie zwei Sterne. Aber…»

Der Junge im Kreis wedelt wild mit seinen Händen, damit die Kinder ihre Köpfe näher zusammenstecken. Ich bleibe weiter unbemerkt und rücke nach. Mahnend zeigt er mit seinem Finger auf die Lippen und flüstert:

«Seid ganz leise und sucht behutsam. Denn nur, wer ganz genau beobachtet und die Ruhe bewahrt, dem wird die magische Welt der Silverlinge gewahr. » Er holt tief Luft, richtet sich auf und sagt: «Geht und sucht euren ureigenen Silverling! »

“Denk’ dir aus – wie ich bin.
Hol’ mich raus – aus dem Sinn.
Ich leb’ nur – mit dem Sinn.
Weil du denkst – wie ich bin.

Wünsch’ dir fest – ich bin dein.
Zaub’re mich – in dein Sein.
Mal’ dir aus – wie mein Sein.
Wie du wünscht – bin ich dein.”